Freitag, 17. Juli 2009

Unterhosen

Irgendwann kommst Du an dem Punkt in Deinem Leben, wo Du Unterhosen als Beengung empfindest. Der Japaner erreicht diesen Punkt ziemlich früh im Leben. Und dann wieder jeden Tag. Bei dem einen Typ der japanischen Ehe (es gibt da verschiedene Varianten), wo der Mann noch jeden Abend nach Hause kommt, empfängt Ihn die Frau mit geöffneten Armen, in denen sie eine Yukata, einen leichten Sommerkimono aus Baumwolle, ausgebreitet hält. Der Mann entledigt sich sämtlicher Kleidungsstücke und schlupft in das weiche Tuch. Seine Frau hat zu Hause den ganzen Tag sowieso nichts anderes getragen.

Es gibt Menschen die behaupten, im japanischen gäbe es kein Wort für Liebe. Dies sind dieselben Menschen die auch behaupten das Wort „Nein“ existiere in dieser Sprache nicht und die Japaner seien alle angepasste emotionslose Psychopathen, die sich nicht getrauen Ihre Gefühle zu zeigen oder Ihre Meinung zum Besten zu geben. Weit gefehlt. Die Japaner können sehr wohl nein sagen. Meistens kreuzen Sie einen dabei noch die Arme und schauen einen obendrein noch bös an. Eben sagte mir der Taxifahrer am Telefon, als ich in strömendem Regen weder zu Fuß, mit dem Fahrrad noch mit dem Roller zum Supermarkt fahren wollte, dass er keine Lust habe. „Ich mag nicht“: Und Japaner können sehr gefühlvoll sein. Es gibt gleich zwei Ausdrücke für „Ich liebe Dich“: 1. das unverfängliche „dai suki desu“, welches Mann auch mal zu seiner Sekretärin sagen kann wenn Sie z. B. ohne Nachfragen gleich beim ersten Mal was verstanden hat. Man übersetzt dies am besten mit „Dich mag ich“, „Du bist ein Schatz“ oder einfach „Geil!“. Und 2. das definitiv gefühlvolle „Ai shite imasu“, welches man nur benutzen sollte, wenn man ernsthaft ein tiefsitzendes Gefühl vermitteln will, wozu man sich auch im Beisein von Familienmitgliedern der oder des Adressaten, eines Standesbeamten und Trauzeugen bekennen würde.

Ich verabschiedete mich von meiner chemischen Reinigerin. Die gestandene Geschäftsfrau hatte uns nach zwei Jahren schmutziger Wäsche doch sehr ins Herz geschlossen. Forsch ergriff ich – nachdem Sie mit heruntergezogenen Mundwinkeln und über die Wangen gleitenden Zeigefingern Ihre Tränen angedeutet hatte – die Initiative und warf Ihr ein herzliches „dai suki desu“ (Sie sind ein Schatz!) zu. Sie erwiderte dies, indem sie mit der Rechten zuerst an Ihr Herz griff, und dann direkt auf meine Leistengegend deutete. Ich war etwas unschlüssig, wie ich mich nun als nächstes verhalten sollte. Mein Blick glitt betreten nach unten. – Dann zog ich sorgsam den Reißverschluß meines offenen Hosenstalls hoch. Gut, dass ich nicht vergessen hatte, vor dem Verlassen des Hauses meine Unterhose anzuziehen.

Am nächsten Morgen auf dem Bahnsteig: Ich nehme noch im Augenwinkel wahr, wie eine junge Frau hinter mir her läuft; endlich hat sie mich eingeholt und greift mir von hinten an den Hosenbund. Auch dies ist mir in Japan (und auch anderswo) zum ersten Mal passiert. Sie gebietet mir, mich still zu verhalten. Dann entfernt sie sorgfältig den Bon der Reinigung, der noch an eine Gürtelschlaufe meiner Hose geheftet war.

Ein "Tori" (zu deutsch: Tor)....

...markiert den Eingang zu einem Shinto-Schrein

Hier auf dem Gipfel des Fujiyama, des heiligen Berges Nippons

Das "Tori" symbolisiert auch generell die Trennung zwischen drinnen und draußen

Wenn ich auf meinem Parkplatz bin, bin ich in einer anderen Welt: Zu hause