Mittwoch, 29. April 2009

Zurück im Alltag

Ich wußte, daß es ein schwieriger Tag werden würde, als ich mich bei der Auswahl der Socken nicht zwischen den dunkelbraunen mit der durchgeriebenen Ferse und den schwarzen mit dem etwas zu straffen Gummi entscheiden konnte. Dabei ahnte ich schon, daß es bei der Auswahl des Anzugs, des Hemdes, der Krawatte und des dazu passenden Schuhwerks weitere Entscheidungsprobleme geben würde. Gottseidank habe ich nur eine Uhr und trage normalerweise keine Manschettenknöpfe! Einmal mehr stand mein Entschluß fest, mir im nächsten Leben einen Butler zu leisten – oder einfach wie Barack Obama sieben identische, dunkelblaue Anzüge und fünf gleiche Paar schwarze Schuhe zu kaufen. Die muß dann aber wieder ein Butler in Ordnung halten und morgens auflegen…

Auf dem Weg zur Bahnstation war dann alles normal. Ich bemerkte ein frisches Frühlingslüftchen und grüßte die Nachbarn, die wieder ihre angeleinte Katze beim Stuhlgang mit der Handykamera fotografierten. An der Straßenkreuzung stand wie jeden Morgen ein blau-uniformierter mit dem Stab der Jedi-Ritter und einer Trillerpfeife, um die Passanten auf die Grünphase der Fußgängerampel aufmerksam zu machen. Dankbar und höflich nicke ich ihm zu.

Der Lazarettzug ist soeben eingefahren. Auf der Treppe höre ich schon das Schniefen in der Ursuppe – zu den Frühjahrsschnupfen hat sich die Allergiephase gesellt und jeder zweite Passant trägt einen Mundschutz. Das Schneuzen in der Öffentlichkeit ist ja verpönt - der Japaner verwendet das mitgebrachte Taschentuch – meist eher ein Waschlappen – nur zum Abwischen schweißgebadeter Körperteile wie Stirn und Nacken. Genießt wird – sofern kein Mundschutz appliziert ist – in die offene Hand, welche zu diesem Zwecke kurz von der Halteschlaufe genommen wird. Ich habe es mir deshalb angewöhnt, so lange es die Temperaturen erlauben, die Züge nur mir Handschuhen zu betreten.

Der Typ an der Waggontuer zieht die Nase hoch, daß sein uvulares Zäpfchen nur so schlackert. Als sich der Zug langsam füllt sehe ich tatsächlich zum ersten Mal, wie eine Frau einer Schwangeren ihren Sitzplatz anbietet. Bevor jene sich jedoch umgedreht hatte, war schon ein in sein Handyfernsehen vertiefter Jugendlicher in den freigewordenen Sitz geglitten. Keiner sagte ein Wort oder verzog die Miene.

Am Umsteigebahnhof dann doch wieder eine Zeichen von Menschlichkeit: Man hat bei drei weiteren Treppenstufen die provisorische Holzabdeckung mit Naturstein ersetzt. Ein Uniformierter mit dem Stab der Jedi-Ritter steht am Rand des Treppenabsatzes und murmelt den vorbeiströmenden Menschenmassen die Neuigkeit ins Ohr.

Der nächste Zug ist wie jeden Morgen wieder etwas voller. In einer neuen Variante des „pole dancing“ quetscht eine junge Dame zuerst ihr Hinterteil und dann den Rest ihres Luxuskörpers zwischen meine Vorderseite und die Stange, an der ich mich mit beiden Händen festklammere. Langsam wird es gemütlich im Zug, entspannt schaukele ich meiner Destination entgegen….

Vor unserem Büroturm in Roppongi Hills steht ein weiterer Uniformierter mit Sturzhelm. Mit einem Megaphon weißt er die Passanten darauf hin, daß heute starker Wind weht. - Durch meine verspätete Anreise treffe ich lauter fröhliche Menschen im Aufzug: Eine Regierungsbehörde hat den Betrieb der insolventen Zeitarbeitsfirma im 35. Stockwerk nach deren spektakulärem Zusammenbruch übernommen, und beschäftigt dort jetzt geistig und zum Teil auch körperlich benachteiligte Menschen. Damit sie nicht so auffallen, läßt man sie eine halbe Stunde später antanzen. Kontraproduktiv dann wieder, daß man sie einheitlich in das knallige Orange holländischer Fußballfans eingekleidet hat. Ich halte dies für eine schlechte Entscheidung.

Am Schreibtisch angekommen beginne ich die Woche wie jeder ordentliche Büromensch damit, meinen Locher auszulehren. Sorgsam achte ich darauf, daß keines der Konfettischnipsel auf dem Teppichboden landet. Danach fülle ich vorsorglich die Klammern meines Hefters auf – nichts ist beruhigender nach einer aufregenden Bahnreise. Mit feuchten Tüchern beseitige ich die Schmutzränder an den Bedientasten meines persönlichen Kopiergerätes.

Anschließend überprüfe ich meine – obligatorische, in jedem Büro in Roppongi Hills ausliegende – „Fire Prevention Check-List“ und stelle zufrieden fest, daß ich in der letzten Woche vor verlassen meine Einzelbüros jeden Abend alle Häkchen an der richtigen Stelle hatte machen können:
 Fluchtweg (in der Tat war die Raumtuere an keinem Tag verstellt gewesen)
 Elektrische Kabel (hingen an keinem Tag von der Decke)
 Feuer (nicht e i n e i n z i g e s Feuer letzte Woche in meinem Buero!!)

Beruhigt setze ich den – unter jedem Schreibtisch bereitliegenden – Erdbebenhelm auf und machte Pläne zur Verteilung der demnächst das Verfalldatum erreichenden Erdbeben-Kekse an die Belegschaft. Im 37. Stock fühlt man sich doch wesentlich sicherer, wenn man einen Schutzhelm aufhat.

Durch einen Anfrage in der Verwaltungsabteilung hatte ich diesen Montagmorgen für besondere Abwechslung gesorgt: Schnüffelnde Damen. Ich hatte in der früh einen leichten Gasgeruch konstatiert und dies in der Verwaltungsabteilung gemeldet. Zu zweit waren sie nun angetrabt gekommen, um sich selbst ein Bild zu machen.
Hier zahlte sich die langjährige Pflege japanischer Lebensart aus: Auf hohen Absätzen tänzelnd, die weiße vom Sonnenschirm beschützte Gesichtshaut kräuselte sich beim kontrollierten rümpfen der Nase auf die putzigste Weise ….
- Und, können Sie nichts riechen?
- Ja!
- Eh, wie, habe Sie etwas gerochen oder nicht?
- Ja, wir haben nichts gerochen, oder? Eh, hm, ich glaube ich rieche mal da drüben ein bißchen weiter!
- So desu (trallala)

Schnüffelnde junge Damen im morgendlichen Büro schaffen eine ganz einzigartige Atmosphäre, und ich überlegte mir, ob ich sie nicht öfter zum Schnüffeln einladen sollte.

Spontan entscheide ich, eine kleine Teezeremonie abzuhalten und dabei die Zeitung zu lesen. Mit Entsetzen lese ich von der Insolvenz eines namhaften deutschen Unterwäsche-Herstellers. Während die Damen weiterschnüffeln überprüfe ich verstohlen das Etikett, indem ich meinen Hosenbund nach außen stülpe, und in der Tat, es kann kein Zweifel bestehen: Meine eben gefaßten Pläne zur Standardisierung meiner Garderobe sind auf eine neue, bisher nicht eingeplante Hürde gestoßen!

Bevor ich mich dann auf den Weg zum Zahnarzt machte nahm ich noch schnell einen Schluck aus der in meinem Rollcontainer bereitstehenden Flasche Mundspülung. Gurgelnd machte ich mich auf den 40-Meter-Weg zum Waschraum. Plötzlich passieren zwei unvorhergesehene Dinge: Ein Rudel schnüffelnder Damen biegt um die Ecke, und meine Nase fängt entsetzlich an zu kitzeln. Jetzt bloß nicht nießen, sagte ich mir, sonst war die ganze sorgsame Imagepflege der letzten beiden Jahre umsonst gewesen! Ich nicke den Damen mit aufgeplusterten Wangen und zugehaltener Nase zu und schaffe es gerade noch zum Waschbecken in der Toilette, wo mein Niesprusten vom Rauschen der Klimaanlage und der Analdüsen übertönt wird.

Die Zahnbehandlung findet in der Großraumpraxis statt: mindestens 10 offene Münder..; der kollektive Mundgeruch beim Eintritt in die Klinik ist gewaltig, nur vergleichbar mit dem explosiven Gasgemisch im Abendzug vom Tsukiji-Fischmarkt.
Ich begab mich in den Behandlungsstuhl; linkerhand wie gewohnt unter der Wasserdüse das Pappbecherchen mit der Aufschrift „Let’s Brushing!“ Darunter in kleinerer Schrift „I am a toothbrush“.

Dies sollte nicht das einzige Mißverständnis sein. Auf meinen Hinweis, daß meine Schneidezähne eine starke Empfindlichkeit aufwiesen, begann die junge Dame, mir wild die Fresse zu polieren. Dabei hustete sie ständig, und im Gegensatz zu sämtlichen Passagieren in der U-Bahn trug ausgerechnet sie keinen Mundschutz. Dafür hatte der Kollege Zahnarzt eine gewaltige Halskrause ums Genick: Er litt unter Haltungsschäden vom vielen Bohren. Wir konnten uns gegenseitig wenig weiterhelfen.

Ich beschloß, die Behandlungsversuche zu beenden und stattdessen zum Frisör auf derselben Etage zu gehen. Auf dem Weg dahin nahm ich aus dem Augenwinkel eine Gruppe übergewichtiger Behinderter war, die sich braune und strohfarbene Bürsten auf den Kopf geklebt zu haben schienen. Im Vorbeilaufen hörte ich am Tonfall, daß es sich lediglich um eine Touristengruppe aus dem Rheinland handelte.

Beim Frisör nehme ich immer Angebot 1 von der Preisliste: „Cut and Blow“, obwohl ich beim Lesen dieser Formulierung jedes Mal kurz zucke. Inzwischen ertrage ich die Behandlung mit Fasson (pardon!).

Mit lautem Hallo werde ich begrüßt. Nachdem mir zwei freundliche Mitarbeiter aus dem Jackett helfen, bietet mir die junge Frisöse huldvoll das Lederetui zur Ablage der Brille dar. Was, diesmal ohne rasieren??? Zuerst wird mir trotzedem ein heißes Tuch über den Kopf gelegt; sanft werden dabei die Haare eingedampft. Danach werden mir die Zeitschriften meiner Wahl gereicht. Nach dem Schneiden wird der Oberkörper wird von mehreren Lagen dicker Frotteetücher vom Kopfbereich abgeschirmt; das Nackentuch wird umgelegt und bekommt einen Streifen Zellophanpapier in die Falte damit es nicht näßt. Die Lehne wird zurückgefahren und dann erfolgen drei (3!) Waschungen, bei denen es sich eigentlich um Massagen handelt: Eine Hand hält den Kopf am Nackenansatz konstant in der waagrechten und massiert die Nackenwurzel; die andere Hand massiert die Kopfhaut. Nach der letzten Spülung wird ein heißes Tuch auf den Kopf gelegt, um das Haar sanft zu trocknen. Ein weiteres heißes Frotteetuch wird dem Kunden in die Hand gereicht: Er möge sein Gesicht darin versenken und sich von den Anstrengungen erholen. Danach erfolgt dann eine komplette Nacken- und Schultermassage. Zum Fönen werden die Haare dann noch ein bißchen naßgemacht.

Montag, 6. April 2009

Sukii ga suki desu (shifoan is desu laiwan tsu te wosma sinua vua shutoen ko)

Wenn man mitten in Tokio wohnt, ist Skifahren kein Problem: Vom Tokioter Hauptbahnhof fährt im Halbstundentakt ein Shinkansen-Schnellzug in die japanischen Alpen; nach 90 Minuten schwebt man vom Ankunftsbahnhof mit der Rolltreppe direkt ins Skigelände. Die nötige Ausrüstung gibt’s vor Ort.

Oder man trifft sich Sonntagmorgen um sechs mit ein paar Kollegen an der Straßenkreuzung, quetscht sich zu den Kindern in ein Auto und fährt gemütlich auf der Autobahn, bis man nach drei Stunden und zwei Kotzpausen auf einem halbvollen Riesenparkplatz direkt vor den Skiliften ankommt. Auch hier steht im Durchgangsterminal wieder eine Horde junger Menschen bereit, welche dich mit freundlichem Lächeln und für vergleichsweise wenig Geld in Minuten von deiner legeren Straßenkleidung befreien und in einen komplett ausgestatteten Skifahrer verwandeln. Großzügige Umkleideräume und Spinde stehen zur Verfügung. Die Pisten sind wie in der Schweiz, die Lifte wie in Österreich, und die Hochhaushotels, na ja, die sehen eher so aus wie in Frankreich.

Da Fritz gerade Faschingsferien hatte und die Angebote sehr, sehr günstig waren, beschlossen wir zwei Skifahrer, zusammen – nur Vater und Sohn – für ein paar Tage auf die Nordinsel Hokkaido zu fliegen: Das Wetter dort wird von Sibirien beeinflusst und ist schneesicher, der Schneefall beläuft sich auf durchschnittlich 28Meter in Jahr…

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Wir wohnen eher in der Stadtrandmitte von Tokio, und so ist auch der japanische Binnenflughafen Haneda nicht so leicht zu erreichen: Mit dem Zug muß zweimal Umsteigen schon sein, und wir hatten anderthalb Stunden für die Anreise zum Flughafen einkalkuliert.

Die Tokioter Metrostationen, insbesondere die Umsteigebahnhöfe, haben es in sich: Sie sind ineinander verschachtelt und übereinander gestapelt, die Verbindungsschluchten und Ausgangswege stehen in ungewöhnlichen Winkeln von siebzehn bis 295 Grad zueinander und erstrecken sich über viele Stockwerke. Der Weg zur Oberfläche erscheint zuerst endlos, dann sinnlos, und bis man schließlich eine der von A1 bis Z25 durchnummerierten Öffnungen mit freiem Blick auf ein Stückchen Himmel erheischt weiß man nicht mehr, ob man Männchen oder Weibchen ist. Geschweige denn, wo Norden und Süden sind, oder wo man eigentlich mal hinwollte.

Unser erster Umsteigebahnhof an diesem Morgen erschien bis zum sechsten Tiefgeschoß zunächst harmlos, bis auf daß die einzelnen Rolltreppenabschnitte doppelt so lang waren wie bei anderen Bahnhöfen. Circa 200 Meter unter dem Meeresspiegel hatte man eine großzügige Raumstation eingebaut, und tausende Menschen schienen genau zu wissen, wo sie hinwollten – nur wir nicht.

Bei der nächsten Station hatte sich die Anzahl der Rolltreppenabschnitte noch einmal verdoppelt, wahrscheinlich waren wir bei der Durchquerung des Tokioter Beckens noch etwas in die Tiefe gerutscht. Leider verzählten wir uns bei der Anzahl der Streckenabschnitte auf dem Weg nach oben und wußten jetzt nicht mehr, ob es eine gerade oder eine ungerade Anzahl war: Dies hätte natürlich eine direkte, sprich 180-Grad-Auswirkung auf die Richtung unserer Weiterfahrt.

Statt noch mal zurückzugehen und das Ganze mit dem Kompass noch mal von vorne aufzuziehen ging ich erstmal auf die Toilette, um mir Gewissheit über meine geschlechtliche Identität zu verschaffen. Hernach war ich wieder in der Lage, Fritz die Richtung vorzugeben. Außerdem gebot ich ihm, umgehend damit aufzuhören mich „Mutter“ zu nennen.

Der Flughafen dann das Kontrastprogramm: Noch mehr als der internationale Flughafen Narita zeichnet sich der Binnenflughafen Haneda durch große Übersichtlichkeit aus. Innerhalb von fünf Minuten hatten wir eingecheckt. Die Sicherheitskontrolle für Binnenflüge war ein Klacks. Beim Einstieg in den Flieger dann mal wieder ein Beispiel japanischer Prozessoptimierung, allerdings mit viel Personal: Vor den beiden Bordkartenlesegeräten stehen jeweils zwei Bedienstete der Fluggesellschaft. Huldvoll öffnen Sie die Hände, als würden Sie eine Opfergabe empfangen, und schieben unter großer Danksagung die Flugkarte ins Lesegerät. Dahinter stehen dann wieder jeweils zwei und reichten unsere mit einer Verbeugung und einem kleinen Dankeschön den abgetrennten Bordkartenabschnitt. - Der Einstieg von 570 Passagiern in den Jumbo war in fünf Minuten über die Bühne – ich war beeindruckt.

Außerdem konstatiert man auf japanischen Binnnenflügen die auffällige Abwesenheit von Pöbel, nägelkauenden Flugpsychopaten, korpulenten Blondinen, schreienden Kindern und sonstigem flugtechnischen Kernpersonal. Sanft schwebten wir mit dem Jumbo nach einer Stunde in Hakkaido ein. Die ausgesucht nette Flugbegleiterin kümmerte sich auch ganz rührend um uns und stellte durch sanftes Eindrücken jeder Gepäckfachtür vor dem Abflug und dann wieder vor der Landung sicher, daß auch wirklich alle Schlösser derselben noch immer eingerastet waren….

Hokkaido liegt auf dem „Bieräquator“ (München – Milwaukee – Sapporo) und ist außer für seine exzellenten Brauerein und dem schon erwähnten Schnee auch noch bekannt für seine Kartoffeln. Die angenehme, zweistündige Busreise durch meterhohen Schnee über leichte Hügel, entlang dem letzten nicht einbetonierten Fluß Japans, wurde also nur durch eine kurze Kartoffel- und Bieraufnahme unterbrochen. „Reis sollen doch die in Tokyo fressen!“

Im Schigebiet wurde es dann so richtig langweilig. Das Hotel war einfach nur schön. Der Skilift beginnt direkt am Hotel. Beim Durchgang zum Liftgebäude passiert man die junge Garde der Ski-Butler – junge, freundliche Leute aus allen Ländern der Welt (also hauptsächlich Japan und Australien) nehmen Dir Deine Schuhe ab und bringen Dir Deine Skiausrüstung. Anziehen musst du dich selbst.

Den Schnee in Hokkaido kann man mit Fug und Recht als g’fuehrig bezeichnen. Der einzige Unterschied zu einem Skigebiet in, sagen wir mal Österreich, ist, dass kein einziger Skilehrer Franz heißt. Oder Rüdi. Der Schnee lag so hoch dass keine einzige Palme rausguckte, am Gipfel satte vier Meter. Der Gipfel lag dreizehnhundert Meter über dem Meeresspiegel; da sieht man mal, was so eine Wetterfront aus Sibirien bewirken kann.

Die blauen Pisten sind in Japan grün, da der Japaner nicht zwischen blau und grün unterscheidet. Bei der Führerscheinstelle hatte ich aus diesem Grund letztes Jahr größere Diskussionen ausgelöst. Nun gut, hier auf der Piste konnte man doch sehr schnell sehen, dass es sich hier nicht um Wanderwege handelte. Während ich zuerst verkrampft und denn etwas entspannter meine Stemmbogenschwünge auf den roten und grünen Pisten ausfuhr, raste Fritz durch den „schwarzen“ Tiefschnee.

So langsam ging uns das Ganze auf den Geist: Wir hatten grantelnde Meuten an überfüllten Liften erwartet, aggressive Kinder, überfüllte Kabinen, eisige Winde und dichten Nebel: Nichts dergleichen! Nette junge Männer geleiteten uns zur Liftkabine, am anderen Ende reichte uns eine wirklich reizende junge Dame das Gerät lächelnd wieder zurück, um sich dann wieder der Besenreinhaltung der Bergstation zu widmen: Wo dieser dumme Schnee doch auch überall hinweht!.

An gar nichts konnten wir uns aufregen: Das Hotelzimmer war mit zwei großen Betten und Matratzen erster Güte ausgestattet, die Aussicht war grandios, das Bier lecker. Wir entschlossen uns, die schicken Jukatten anzulegen, in das Thermalbad in der ersten Etage zu gehen und mal richtig was zum Meckern zu finden. Aber nein, die Fazilitäten waren einwandfrei, die Holztreppe nach Außen wurde zur Vermeidung von Fußkälte mit heißem Thermalwasser überspült, und dann saßen wir da draußen im richtig knackig dampfenden Wasser, starrten durch das leichte, immer erst abends einsetzende Schneetreiben in den weihnachtlichen Tannenwald – und hatten wieder nichts zu meckern.

Und die japanischen Skigebiete haben sogar Hütten, in denen es akzeptables Essen, heißen Tee und kaltes Bier gibt. Ganz großartig sind die Hütten mit Tatamimatten: Hier kann man die Skistiefel ausziehen und sich auf ein paar Kissen langlegen: Eine schöne Erholung zwischendurch.

Schließlich fanden wir uns damit ab, nichts zum Meckern zu finden. Und damit wir auch wirklich nichts zum Meckern hatten nahmen wir drei Tage später nach dem entspannten Bustransfer durch wunderschöne Landschaft, und dem entspannten Ein-Stunden-Rückflug im dicken Jumbo ganz entspannt ein Taxi, welches uns in einer halben Stunde und zu einem vernünftigen Preis in unserem entspannten Zuhause absetzte.